Trinkabenteuer Zürich: Der beste Boulevardier Twist in Baur's Bar. Zu Gast bei Michael Hanke
Kennen Sie geplante Abenteuer? Ein Widerspruch in sich. Echte Trickabenteuer entstehen spontan. Vor einigen Tagen war ich mit Frau Meyer-Lohrmann in der Altstadt Zürichs spazieren. Ein herrlich sonniges Vergnügen, was ich jedem ans Herzen legen kann, nein sogar möchte. Quasi Reisebefehl für Barliebhaber/innen. Der Spaziergang zog sich erfreulicher weise, was uns half, die Trickabenteuer des Vorabends korrekt abzuarbeiten. Aber am Nachmittag mit der Sonne im Gesicht und im Herzen stellte sich ein gewisser Champagner Durst bei uns ein. Nicht stechend. Aber leise säuselnd in den Ohren. Am Zürichsee, vor uns lag das Bar au Lac. Eines der ganz großen Grand Hotel dieser Welt. Es mag Menschen geben, die Besuchen Museen und Ausstellungen in Städten. Erfreulich. Ich wiederum lasse keine Chance aus, die Grand Hotels der Welt zu besuchen, wenn Sie schon auf den Reiserouten liegen. Die Geschichte des Baur au Lac ist atemberaubend, die Vielzahl an Standards, die es in der Spitzenhotellerie bis hin zur Champagne setzte, einzigartig. Aber Sie würden den weit gefassten Rahmen hier springen. Denn wir müssen reden über den besten Boulevardier Twist, denn ich bislang trinken durfte.
Baur's Brasserie und Bar
Um der aufkommenden Champagner Laune Tribute zu zollen, besuchten wir also das Hotel. Wir kamen in die Halle, es war später Nachmittag, der Pianist füllte den Raum mit einer Glückseligkeit und Wünsche-weckenden Klangwelten. Die Champagner Laune nährte sich am Klang und wuchs in Windeseile. Der Maître zeigte uns echte Anteilnahme, den es gab keine Chance mehr zum High Tea und Champagner. Die paar Plätze, die noch frei schienen, waren reserviert. Unangenehm. Aber kein Abenteuer ohne Risiko. Ich sah einen erschwerten Kampf gegen unsere unbefriedigte Champagner Laune vor meinem geistigem Auge.
„Möchten Sie vielleicht in der Brasserie einen Platz? Da gibt es auch eine Bar!“
Man wollte den Mann küssen, ihn umarmen oder zumindest mit ihm und den Worten „Wir verstehen die Frage nicht!!! !“ jovial, singend und tanzend in die Bar ziehen. Aber Haus und Erziehung verbieten das. Zumindest nüchtern. Am Nachmittag. Im Grand Hotel.
„Oh, sehr gerne“ antworteten wir und wurden durch eine faszinierende Reise durchs Haus eingeladen, minutenlanges Wandern, trepp auf, trepp ab, begleitet von freundlicher Konversation eines weltgereisten Maître.
Und dann kamen wir an, in Baur’s Brasserie und Bar. Und wenn man seit nahezu 20 Jahren ein Leben teilt und viele Martinis und Grand Hotels zusammen genießt, reicht ein kurzer Blick und wir beide dachte das gleiche: „Wie schön ist das denn hier?“ Während der Maître noch etwas unsicher fragte ob es uns auch hier recht sei, wollten wir ihn erneut umarmen und feiern und ihm zurufen „PERFEKTION“! Aber sie wissen ja, Erziehung uns so.
Ich habe das Baur’s innerhalb weniger Sekunden in mein Herz geschlossen. Der perfekte DayDrinking Spot. Der schöne Raum mit dieser kleinen Bar, am Nachmittag geöffnet. Mensch, was willst Du mehr. Wie gut das der High Tea ausreserviert war - nie war ich glücklicher, keinen Tisch bekommen zu haben.
Michael Hanke
Begrüßung an der Bar. Ich musste überlegen. Ich kannte den Bartender, wusste aber nicht ganz woher. Er lächelte, hatte mich erkannt. Verdammt, vorher nur kannte ich ihn? Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Rum Trader Berlin, vor vielen Jahren, Michael Hanke.
Schon lange hatte es Herrn Hanke nach Zürich geschlagen, das war an mir vorbeigegangen. Und seit Jahren ist er verantwortlich für dieses liebevolle Stück Bar Geschichte an Zürichs See. Vor Kurzem wurde umgebaut, und seit dem erstrahlt das Baur’s in neuem Glanz, der auch sofort unsere Herzen gewann.
Nahezu unausgesprochen war klar, dass es Zeit für ein Glas Champagner war. Quasi ein Lesechampagner, der zum Studium der Karte gereicht wurde. Und diese Karte weckte mein Interesse. Denn Sie hatte die Handschrift der Balance. Aus Klassikern und interessantem Neuerungen. Und ich bestellte Neues und ungewohntes. Und war glücklich. Und interessiert. In guten Händen legt man Leib und Leben gerne auf die Waagschale und probiert mutig neue Kreationen. Dank Herrn Hanke, ein echtes Vergnügen.
Gestatten: Boulevardier, der Beste!
Aber dann bestellte meine Frau einen Boulevardier. Und ich probierte. Und ich verstand die Welt nicht mehr. Wie zu Hölle kann ein Boulevardier so elegant und so aromareich zu gleich sein? Wie bitte schön kann man Bourbon so perfekt mit Vermouth und Campari umgarnen? Das hatte ich noch nie getrunken. Und man musste sich kontrollieren, diesen kernigen Drink nicht zu stürzen, weil einen dieses Trinkvergnügen so begeisterte und interessierte. Und, wurde mir beim dritten Schluck bewusst, muss man sehr wohl aufpassen, seiner Frau nicht den Drink wegzutrinken. Ich bestellte zwei Weitere, nichts anbrennen lassen!
Eigentlich vermeide ich „Fachgespräche“ an Bars an solchen Tagen. In der Regel bin ich mir mit meiner Frau mehr als genug und habe eine großartige Zeit Atmosphäre, Gesellschaft und Drinks zu genießen. Aber dieser Boulevardier machte mich fertig. Und meine Frau, Ihres Zeichens Campari, Negroni und Boulevardier Liebhaberin, ebenso.
Also musste ich Herrn Hanke fragen, wie er diesen außergewöhnlichen Boulevardier mixte. Die Karte gab wenig Aufschluss über die verwendeten Marken, einzig die Farbe war verräterisch hell.
„Ich nehme Rosé Vermouth. Der bringt die Eleganz. Aber auch hier musste ich lange experimentieren, denn ich habe den perfekten nicht gefunden. Also mische zwei Unterschiedliche. Wir nehmen zu gleichen Teilen den Schweizer Jsottta Rosé Vermouth und den Belzasar Rosé. Das Cuvée aus beiden bringt den perfekten Mix.“
„Wahnsinn“ dachte ich mir. Ich entdeckte durch den rosé-klaren Drink den Baur’s Bar Schriftzug auf dem unterliegenden Napkin. Rosé ist der Trick. Das „Cuvée a la Hanke“. Zusammen mit dem Campari schmeicheln Sie dem Barrel Aged Four Roses und kitzeln aus ihm elegante Nuss Noten hervor.
Für Champagner gekommen, für Boulevadier geblieben, schoss es mir durch den Kopf und ich bestelle noch zwei. Und notiere sowohl die Bar im Baur’s als auch Herrn Hanke als Orte für außergewöhnliche Trickabenteuer.
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Nachtrag: Ich hatte lange keinen Boulevardier mehr. Insbesondere keinen so guten. Wenn man einen "Guten" Drink trinkt, ist es, als würde man plötzlich Mathematik verstehen, den Lösungsweg sehen. Den Bourbon zu polieren, ihn elegant ausbalancieren, natürlich bitter und "weinig". Und dennoch Bourbon zu lassen, seine Aromen herauszuputzen, darum geht es im guten Boulevardier
Das nötigt mich zu vier "to do's":
- Ich muss einen, oder zwei Rosé Vermouth für Trinkabenteuer finden.
- Wie wäre es mit dem goldenen Noilly Prat? Einem Meisterwerk an Vermouth? Gepaart mit Rosé?
- Noch besser: Wie wäre ein Boulevardier mit MIDI Classic Red? Oder dem Liquid Sunset? Oder einem Cuvée aus beiden "a la Hanke" ?
- Und schließlich: Warum habe ich den außergewöhnlichen Yellowstone Bourbon noch nicht im Boulevardier probiert?
Es gibt viel zu tun. Trinkabenteuer enden nicht. Gut so.
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